Paradebeispiel für Gründung aus dem Uninetzwerk

Elektromobilität zählt zu den zukunftsweisenden Technologien der nächsten Jahrzehnte. Der Ausbau wird seitens der Politik stetig vorangetrieben und beispielsweise durch Kaufprämien für reine E-Autos mit bis zu 9.000 Euro und für Plug-in-Hybride mit bis zu 6750 Euro aktiv gefördert.1

Die Batterie ist dabei das wichtigste und teuerste Bauteil der Fahrzeuge. Die Technologie fast aller Elektro-Fahrzeuge basiert auf Lithium-Ionen-Akkus, die sich mehrere tausend Mal wieder aufladen lassen und die Energie liefern, um die tonnenschweren Fahrzeuge über die Straßen zu bewegen.2 Auch wenn die Lebensdauer der Batterien immer länger wird und die Akkugarantie der meisten Herstellenden heutzutage bei 8 Jahren und 160.000 km liegt3, stellen wir uns die Frage: Was passiert eigentlich mit den Batterien, wenn Ihre Kapazität nicht mehr für E-Autos ausreicht, sie aber eigentlich noch nicht am Ende ihrer tatsächlichen Lebenszeit sind, da das Fahrzeug aufgrund eines Schadens oder eines Upgrades auf eine neue Batteriegeneration eine noch quasi neuwertige Batterie hinterlässt?

Eine Antwort darauf bietet das Braunschweiger Startup LB.systems, welches 2019 von Carina Heidermann, Lasse Bartels und Lukas Block gegründet wurde. Im Interview mit Mitgründerin Carina Heidermann haben wir erfahren, warum es sich lohnt den Batterien ein zweites Leben zu schenken und wieso im Braunschweiger Startup Ökosystem gegründet werden sollte.

Gründer:innen-Team: Lasse Bartels, Carina Heidermann, Lukas Block (l.n.r.) | Foto: LB.systems GmbH

Das Gründer:innen-Team von LB.systems kann als Paradebeispiel für ein Startup aus dem Uninetzwerk gelten: Von der erfolgreichen Leitung des Lions Racing Teams der TU Braunschweig zum zukunftsweisenden „Second-Use-Battery“-Startup. Aber alles der Reihe nach.

Während sich Carina Heidermann und Lasse Bartels bereits aus Schulzeiten kennen und sich gemeinsam für das Thema Gründung interessierten, trafen sie ihren dritten Mitgründer, Lukas Block, 2017 bei der Entrepreneurship Summer School der Technischen Universität Braunschweig und Ostfalia Hochschule. Bei diesem einwöchigen Intensivkurs, bei welchem die Teilnehmenden in die Themen High-Tech-Entrepreneurship und Startup-Kultur eingeführt werden, kann nicht nur in verschiedenen Teams ein innovativer Geschäftsplan entworfen werden, sondern den Studierenden wird auch nähergebracht, worauf es bei einer Gründung ankommt. Die Drei verband schnell eine Gemeinsamkeit: Sie wollten nicht in das typische Konzernleben verfallen, sondern lieber selber etwas Eigenständiges aufbauen und eine wirkliche Veränderung hervorbringen. „Wir haben uns damals gedacht, dass wir uns jetzt als Team gefunden haben, aber erstmal testen müssen, ob wir überhaupt zusammen funktionieren. Da kam dann die Idee ins Spiel, erstmal das Formula Student Team der TU Braunschweig zu leiten“, berichtet die begeisterte Gründerin.

Bei der Planung, Organisation und Umsetzung für einen der größten Konstruktionswettbewerbe für Studierende hatten die Drei daraufhin ein Jahr Zeit sich als Team auszuprobieren. Gründer Bartels engagierte sich damals als Technische Leitung, Block war im Team Aerodynamik für den Heckflügel des Rennwagens und die Konstruktion vieler Baugruppen, für die keine verantwortlichen Studierenden gefunden werden konnten, zuständig. „Das war eine unglaubliche Erfahrung. Wir hatten die Aufgabe 50 Studierende, die ja unbezahlt und unbenotet gearbeitet haben, zu motivieren, um am Ende aus einer ersten Idee auf einer Papierskizze ein fertiges Rennfahrzeug zu entwickeln“, erinnert sich Heidermann, die als Teamleiterin für die Finanzen verantwortlich war.

„Im Konzern geht alles meist viel langatmiger und schwieriger. Aber wir wollen schnell eine Veränderung hervorrufen und haben dann gesagt: Wir machen das jetzt selber.“

Nach ihrer erfolgreichen Lions Saison stand fest, das Team funktioniert. Ermutigt durch ihre positiven Erlebnisse und die neuen Kontakte zur Industrie, die sie ebenfalls durch ihr Engagement beim Racing Team aufbauen konnten, gründeten sie direkt im Anschluss die LB.systems GmbH. In ihrem Gründungsvorhaben bestärkt wurden die jungen Gründer:innen damals auch durch ihre ersten Erfahrungen, so Heidermann: „Durch den Kontakt zu Zulieferern und Fertigern, bekam man einen Einblick in das Konzernleben. Im Konzern geht alles meist viel langatmiger und schwieriger. Aber wir wollen schnell eine Veränderung hervorrufen und haben dann gesagt: Wir machen das jetzt selber.“ Die Gründungsidee der Jungunternehmer:innen: Sie retten Lithium-Ionen-Batterien aus Elektrofahrzeugen, die noch nicht das “End of Life” erreicht haben und entwickeln daraus neue Speicherlösungen. Diese können dann wiederum von anderen Unternehmen über den eigenen Onlineshop gekauft und für eigene Produkte genutzt werden. Hierbei sind vor allem Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit ausschlaggebend für das Unternehmen.

Ressourceneffizienz und nachhaltige Nutzung von Second-Use-Batterien

Produktauswahl und Platine | Foto: LB.systems GmbH

Mit dem Konzept des „Second Use“ sollen die Batterien nicht mehr frühzeitig und damit vor ihrem tatsächlichen Lebensende recycelt werden, sondern durch das eigens entwickelte Prüfverfahren getestet und in zweiter Anwendung sicher genutzt werden können. Dieses Verfahren stellt nicht nur sicher, dass LB.systems als Quasi-Hersteller auftreten und geprüfte Batterien in hoher Qualität inkl. Gewährleistung und Produkthaftung vertreiben kann, sondern unterscheidet das Startup auch deutlich von seiner Konkurrenz.

Während bereits gebrauchte Batterien auch einfach über das Internet erworben werden können und als eine Art Black Box gelten, da nicht garantiert werden kann woher sie stammen, dokumentiert LB.systems die geprüften Akkus mithilfe von Datenblättern sowie einer großen Datenbank. Hinzukommt, dass das Unternehmen die Lithium-Ionen-Batterien günstiger anbieten kann und etwa 12 Tonnen CO2 pro Tonne Batterie eingespart werden. „Wir sparen natürlich sehr viele Produktionsemissionen ein, da unsere Batterien ursprünglich für einen anderen Zweck hergestellt wurden. Unsere Kunden können quasi einen nachhaltigen Speicher erwerben für den nicht extra CO2 freigesetzt wurde. Mithilfe unseres Recyclingverfahrens, welches dann am tatsächlichen Ende der Batterielebenszeit folgt, ist es, wenn aus den gewonnen Rohstoffen wieder neue Batterien gefertigt werden, im Vergleich zur Fertigung mit üblichen Rohstoffquellen, CO2-negativ.“ Die geprüften LB.systems-Batterien sind dementsprechend nicht nur energiearm, sondern können in nachhaltiger Zweitanwendung teilweise noch weitere 10 bis 15 Jahre genutzt werden, um dann an ihrem „End of Life“ recycelt zu werden.

Das langfristige Ziel der Gründer:innen ist es, sich nicht nur als der Hauptansprechpartner für 2nd-Life-Speicherlösungen in Europa zu etablieren, sondern auch ein Umdenken sowohl in der Automobilbranche, als auch in der gesamten Batteriebranche anzustoßen. Batteriesysteme sollen so gebaut werden, dass eine Zweitanwendung möglich ist. Um das Vorhaben ihres Startups in die Tat umzusetzen und ein Businessmodell zu entwickeln, durchlief das Team seit der Gründung im Jahr 2019 bereits einige Stationen im Gründungsnetzwerk Braunschweig.

Startup Journey: Vom Gründungsinkubator der TU Braunschweig, über das Startup Programm W.IN, die Borek Pitch Night zur ersten Werkstatt bei BOSCH in Salzgitter

„Ich glaube wir haben hier so gut wie jede Station durchlaufen“, erzählt Heidermann und betont diese Möglichkeit als eine der wichtigsten Chancen für junge Startups in der Region. „Ich würde auch jedem jungen Unternehmen raten die Unterstützung von außen anzunehmen und sich wirklich über die Fördermöglichkeiten zu informieren bevor man gründet“, führt sie fort. Heidermann, die an der TU Braunschweig Wirtschaftsingenieurwesen /  Bauingenieurswesen sowie Technologie-orientiertes-Management studierte, habe selbst während ihrer Zeit an der Uni erfahren wie viele Menschen innovative Technologien entwickeln, es aber nicht an den Markt schaffen, da sie glauben ihnen fehle die Unterstützung. „Grade in Braunschweig haben wir ein super Netzwerk, welches einem zur Seite steht, sei es so etwas wie einen EXIST-Forschungsantrag zu stellen oder allgemein Förderung zu beantragen. Es gibt so viele Ideen, die uns alle vorantreiben würden, wir müssten uns nur trauen.“

LB.systems selbst kann schon eine kleine Reise durch das Startup Ökosystem in Braunschweig verzeichnen und war bereits Teil des Gründungsinkubators am Bültenweg von der TU Braunschweig sowie im Startup-Zentrum W.IN (Wachstum und Innovation) der Braunschweig Zukunft GmbH. Bei der Borek Pitch Night konnten die jungen Entrepreneur:innen ihr Gründungsvorhaben ebenfalls präsentieren und interessante Anregungen für die Weiterentwicklung ihres Startups mitnehmen. Auch BOSCH aus Salzgitter ist bereits auf LB.systems aufmerksam geworden und unterstützt die Gründer:innen, indem sie ihnen günstig Büroräumlichkeiten und eine Werkstatt zur Verfügung stellen. Neben dem Standort in Salzgitter ist das Startup derzeit mit einem Lager im Stellwerk Braunschweig sowie einem Sitzplatz im Coworking-Space TRAFO HUB in der Sophienstraße noch stark verteilt in der Region, weshalb die Standortsuche ein sehr aktuelles Thema ist.

„Wir wollen nachhaltig die E-Mobilität und auch das Land nach vorne bringen. Ich denke, das können wir hier in der Region auf jeden Fall und das sollte man dann auch nutzen.“

Denn LB.systems ist auf der Suche nach eigenen Räumlichkeiten, um sich in Braunschweig mit einer eigenen Werkshalle und Außenbereich niederzulassen – doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht, berichtet die Gründerin, die als Chief Operation Officer (COO) tätig ist. Einerseits steht in der Forschungsregion sehr viel Wissen im Bereich E-Mobilität und Batterietechnik zu Verfügung und auch die Nähe zur TU Braunschweig möchte die Gründerin nicht missen, andererseits fehlt es in Braunschweig an Standorten mit ausreichend Platz für Produktionsfläche. Heidermann erklärt: „Wir sind jetzt seit über einem Jahr auf Standortsuche und das hat uns tatsächlich auch ein wenig in unserer Planung zurückgeworfen, da wir damit nicht gerechnet haben. Wir brauchen nicht nur ein Büro für die Entwicklung von Software, sondern auch wirklich Produktionsfläche. Dafür haben wir leider noch keine Lösung gefunden.“ Dass das Startup mit Batterien arbeitet, die als Gefahrengut gelten, sollte Vermieter:innen für Gewerbeflächen nicht abschrecken, hebt die Gründerin hervor. „Wir haben nicht nur getestete Produkte, sondern lagern diese auch sehr sicher in Seecontainern im Außenbereich, sodass da nichts passieren kann.“

Unabhängig von der Standortsuche sieht Heidermann jedoch großes Potenzial in der Region, weshalb es das junge Startup auch nicht wegzieht. Im Gegenteil: „Wir wollen nachhaltig die E-Mobilität und auch das Land nach vorne bringen. Ich denke, das können wir hier in der Region auf jeden Fall und das sollte man dann auch nutzen.“

LB.systems

Gründer:
Lasse Bartels (CEO)
Carina Heidermann (COO)
Lukas Block (CTO)

Gründungsjahr:
2019

Branche:
Batterietechnik, Energy

Weitere Infos:
LB.systems – Profilseite

Zur Website: